ARCHETYPES
ARCHETYPES sind skulpturale Studien über die Grundlagen von Architektur und Konstruktion, ausgehend von Euklids Werk „Die Elemente“. Euklid vereinte darin das Wissen seiner Zeit und systematisierte es durch die Einordnung in Axiom, Definition, Satz und Beweis. Werner Oechslin erläutert dazu: „Alle Bereiche der Philosophie, einschließlich der Ethik, haben sich wiederholt bemüht, das antike ‚More Geometrico‘ zu erreichen, das für wissenschaftliche Zuverlässigkeit, systematische Methodik und Schlüssigkeit steht“.
Bezeichnend für Gianmaria Gavas künstlerische Praxis ist die Arbeit an einander folgenden Werkgruppen. Solche Denkketten und in der Folge Serien haben einen klar definierten Ausgangspunkt und verlangen nach einer Methodik. In der Architektur sind geometrische Grundmuster zumeist die ersten Werkzeuge, um an einen Entwurf heranzugehen. Bei Gava sind es verschiedenfarbige Bausteine für Kinder, die er als seine Werkzeuge für die Serie ARCHETYPES bestimmt.
Zwei Bausteine, der eine ruht auf dem anderen – sehen wir darin bloß ein Arrangement farbiger geometrischer Korpusse? Ist es ein Representamen, wie die stark vereinfachte Darstellung eines Hauses, dem Schutz gebendem Lebens-Archetyp der Architektur, oder ist es ein skulpturales Objekt ohne Verortung?
Gava homogenisiert diese Gebilde indem er sie in strikter Frontalität mit annähernd identischen Lichtverhältnissen, derselben Perspektivwahl und dem immer wiederkehrenden gleichen Abstand zwischen Kamera und Motiv vor neutralem Hintergrund fotografiert. Mittels serieller Reihung der einzelnen Bilder erreicht er eine Art der Katalogisierung. Einheitlich mittig platzierte und in Verbund gebrachte Korpusse verstärken den Eindruck von Homogenität und Symmetrie. Durch dieses systematisierte Vorgehen erfahren die Gebilde eine Monumentalität und wirken auf den Betrachter als in sich ruhende Solitäre. Obgleich sie in ihrer Oberflächenbeschaffenheit und Materialität ihre eigentliche Funktion eindeutig offenbaren, erheben sie sich zu eigenständigen, geschlossenen ästhetischen Objekten mit skulpturaler Präsenz – zu Stellvertretern der Platonischen Körper.
Barbara Pichler
CV:
Gianmaria Gava, geboren 1978 in Venedig (I), lebt und arbeitet in Wien.
2018 Sony World Photography Awards, Professional Category Architecture, Winner
https://www.worldphoto.org/sony-world-photography-awards/winners-galleries/2018/professional/winners/architecture/1st-place
Selected Exhibitions:
SWPA, Villa Reale di Monza, Monza, Italy, 2018
SWPA, Willy Brandt House, Berlin, Germany, 2018
SWPA, Gad Collection, Paris, France, 2018
Color Cue, Currents New Media Festival, Santa Fe, New Mexico, 2018
SWPA, Somerset House, London, England, 2018
Art on prescription, Venice, Italy, 2017
Temporary Promises, Gallery Herr Leutner, with Christiane Peschek, Vienna, Austria, 2016, (Duo)
Perpetuum Mobile, Kunst Haus Wien – Museum Hundertwasser / Marcello Farabegoli Projects, Vienna, Austria, 2015
Archetypes, Bildraum 07, Vienna, Austria, 2015, (Solo)
Prix Pictet, shortlist, 2015
Emersioni – New Photography in Venice, La Casa dei Tre Oci, Venice, Italy, 2012
Declining Democracy, CCC Strozzina, Firenze, Italy, 2011
Identity III. Fotogalerie Wien, Vienna, Austria, 2010
Kleinbürger. New Photography and Video from Austria, Exchange Gallery, Ireland Photofestival, Dublin, Ireland, 2010
Kleinbürger. New Photography and Video from Austria, Pingyao Photofestival, Pingyao, China, 2010
West, Gallery WestLicht, Vienna, Austria, 2009
West, Gallery Anzenberger, Vienna, Austria, 2009
Photoespana 2009 Descubrimientos, Madrid, Spain, 2009
Catalogues and Books
Sony World Photography Awards, 2018
Disorder, Prix Pictet, teNeues, Kempen, Germany, 2015
Art and Politics Now, Thames & Hudson, London, UK, 2014
Declining Democracy, Strozzina Centro di Cultura Contemporanea, Silvana Editoriale, Milano, Italy, 2011
West Book, Regina Maria Anzenberger, Kehrer Verlag, Heidelberg, Germany, 2009
Exploration F, Focus on Austrian Research, Federal Ministry for Transport, Innovation and Technology, Austria, 2006
Homepage des Künstlers: Gianmaria GAVA